Sehr geehrte Verbands- und Vereinsverantwortliche, liebe Sporttreibende!
Die Bundesregierung hat gestern einschneidende, schmerzhafte Maßnahmen verkündet, um der rasanten Ausbreitung der Covid-19-Pandemie in unserem Land Einhalt zu gebieten. Wir alle müssen unser Verhalten in den nächsten Wochen ändern, damit wir unsere Gesundheit erhalten und letztlich Leben retten.
Auch wenn wir nicht alle Covid-Intensivpatienten werden, so betrifft uns diese beunruhigende Situation doch ohne Ausnahme. Niemand ist gefeit vor einem unerwarteten schweren Unfall, einer schweren Erkrankung. Und dann soll kein Platz im Spital oder auf der Intensivstation sein? Nein, soweit dürfen wir es nicht kommen lassen.
Jeder, der ein lebensrettendes Intensivbett braucht, soll auch eines bekommen.
Wenn wir das gemeinsam sicherstellen wollen, müssen wir diszipliniert sein – und geduldig. Wir müssen aufeinander schauen, noch mehr als sonst. Wir müssen auf vieles verzichten, was uns lieb und wichtig ist.
Mit diesem Mail möchte ich Sie informieren, vor allem aber um Ihr Verständnis, ihre Mithilfe und Ihre Unterstützung in schwierigen Zeiten werben.
Noch einmal. Denn es war auch und vor allem die Sportcommunity, die mit ihrer Disziplin und ihrem Duchhaltevermögen im Frühjahr 2020 dafür sorgte, dass Österreich die erste Welle dieser Pandemie besser in den Griff bekam als die meisten anderen Länder. Diese Disziplin und dieser Zusammenhalt ermöglichten es der Bundesregierung, früher Lockerungsschritte einzuleiten und umzusetzen als es selbst Gesundheitsexpertinnen und -experten für möglich gehalten hatten.
Im Juni konnten die letzten Barrieren im Outdoor-Sport beseitigt werden, Anfang Juli nahm auch der Trainingsbetrieb für die Hallen- und Kampfsportarten wieder Fahrt auf. Viele von uns wähnten sich auf einer Bergtour, bei der der Gipfel zeitweise zum Greifen nah schien.
Doch nun entpuppt sich diese vermeintliche Bergspitze lediglich als das Ende eines ersten beschwerlichen Aufstiegs. Der wahre Gipfel ist noch nicht in Sichtweite. Aber wir kennen die Richtung, in die wir gehen müssen. Und wir wissen, dass wir ihn erreichen werden – nur noch nicht genau, wann.
Viele von uns ahnten es bereits: Der Weg zu diesem Gipfel wird steinig, er wird uns vieles abverlangen. Aber wir werden ihn gemeinsam bewältigen, uns gegenseitig unterstützen, niemand zurücklassen und für Aufstiegshilfen sorgen, da wo es notwendig ist.
Die letzten Monate haben einmal mehr gezeigt, dass die Sportverbände und Sportvereine, vor allem aber die Menschen, die sie mit Leben erfüllen, imstande sind, gemeinsam Großes zu vollbringen. Ich als Sportminister war und bin voller Stolz und Bewunderung für die Schaffenskraft, die Innovationsfreude und Flexibilität, mit der die – zumeist ehrenamtlichen – Sportfunktionärinnen und -funktionäre die Rahmenbedingungen geschaffen haben, damit Hunderttausende auch in schwierigen Zeiten in sicherer Umgebung ihrem Sport nachgehen konnten. Ich weiß auch, wie viel Energie und Akribie nötig war, um die geforderten Präventionskonzepte zu erarbeiten und umzusetzen. Sie waren nicht umsonst, sondern vielmehr die Basis für einen Sommer und Herbst, in dem in vielen Vereinen ein Stück weit Normalität einkehren konnte. Und wir werden diese Konzepte nach diesem Lockdown auch wieder brauchen.
Ich verstehe, wenn sich viele von uns am Beginn dieser zweiten Etappe noch müde und ausgelaugt von der ersten fühlen. Viele sind der Einschränkungen überdrüssig, genervt, verärgert. Um ehrlich zu sein, es geht mir nicht anders. Und dennoch: Wenn wir im Kampf gegen das Virus erfolgreich sein wollen, müssen wir uns überwinden und darauf besinnen, aufeinander zu schauen, diszipliniert zu sein und die notwendigen Maßnahmen mitzutragen.
Denn eines ist sicher: Das Virus verschwindet nicht, indem wir es ignorieren.
Man sollte – bei allen schmerzlichen Beschränkungen – genauso wenig ignorieren, was im Sport alles möglich bleibt bzw. in intensiven Verhandlungen möglich gemacht wurde. Bewegung in der freien Natur sowieso, Spazieren gehen, Joggen auch während der nächtlichen Ausgangsbeschränkung, wenn es der physischen und psychischen Erholung dient. Natürlich unter Einhaltung der jeweils geltenden Abstandsregel.
Darüber hinaus dürfen Outdoor-Sportstätten betreten und benützt werden, solange keine Sportarten ausgeübt werden, bei denen es zu Körperkontakt kommt. Auch Spitzensport darf weiter betrieben werden – sowohl in den bundesweiten Ligen des Mannschaftssports als auch im Individualsport auf nationalem und internationalem Niveau, zum Beispiel von Athletinnen und Athleten, die sich auf die nächstjährigen Olympischen und Paralympischen Spiele vorbereiten. Auch der so wichtige Nachwuchs-Spitzensport ist von der entsprechenden Ausnahmeregel umfasst.
Da, wo bedauerlicherweise Einschränkungen gesetzt werden mussten – im Gesundheits- und Amateursport, vor allem aber im Kinder- und Jugendsport bedarf es einer Kraftanstrengung der besonderen Art. Ich appelliere daher an Sie als Funktionärin und Funktionär, als Trainerin und Trainer, als Pädagogin und Pädagogen oder einfach an Sie als Elternteil: Motivieren Sie die Kinder in Ihrem Verantwortungsbereich zu Bewegung, wann immer es möglich ist. Bewegen Sie sich gemeinsam mit ihnen, setzen Sie Anreize, seien Sie Vorbild. Wir müssen alles tun, aus dieser Pandemie keine längerfristige Gesundheitskrise mit entsprechenden Spätfolgen werden zu lassen.
Ich kann Ihnen versichern, dass ich als Vizekanzler und Sportminister alles unternehmen werde, damit die Hilfs-Fonds für den Sport, die schon bisher wertvolle Dienste geleistet haben, ausgebaut werden. Dass neue Instrumente erarbeitet werden, damit die österreichische Sportlandschaft in ihrer Gesamtheit und Diversität erhalten bleibt. Ich werde in der nahen Zukunft auch intensive Gespräch mit Stakeholdern aus dem Sport führen, damit wir den Sport so positionieren, dass er die Krise, abseits ökonomischer Notwendigkeiten, möglichst unbeschadet übersteht. Ziel ist es, einen Katapultstart Richtung Normalität hinzulegen, sobald sich die epidemiologische Situation zum Guten gewendet hat.
Zunächst gilt es aber, den Rucksack voller Herausforderungen umzuschnallen und mit Entschlossenheit und auch schon wieder ein bisschen Optimismus aufzubrechen. Ich hoffe, auf Sie als Wegbegleiterin bzw. Wegbegleiter in dieser gemeinsamen Verantwortung für Österreich zählen zu können. Dann ist mir auch nicht bang, dass uns dieser Kraftakt Schritt für Schritt und gemeinsam gelingt.
Danke nochmals für Ihr Verständnis und vor allem: Bleiben Sie gesund!
Ihr
Werner Kogler